Wenn ich zurück blicke fürwahr
auf das vergangene Wanderjahr
und frag' mich, wann's am schönsten war
dann stellt sich's viergeteilt mir dar:
Im Frühling, nach des Winters Macht
wenn zaghaft die Natur erwacht
da ist man voller Tatendrang
da fängt man gern zu wandern an
Auf Wiesen und an Wasserläufen
sich schon die ersten Blumen häufen
Und wenn man wandert, wo es blüht
kommt auch in Hochform das Gemüt
Der Laubwald in der Morgenluft
von sich gibt diesen frischen Duft
Am Waldesrand - auf grünen Flecken
kann man bald Reh und Has' entdecken
Kommt man an eine Ruhebank
ist sie jetzt schneefrei - Gott sei Dank!
So kann man in der Sonne sitzen
ohne dabei gleich zu schwitzen
Deshalb bin ich geneigt zu sagen:
Am schönsten ist's an Frühlingstagen
Der Sommer sei, so meinen viele
doch viel zu warm für Wanderziele
Das Gegenteil behaupt ich fest
was trefflich sich beweisen lässt:
Wenn man sich mitten in der Nacht
zum Wandern auf die Socken macht
und rechtzeitig am Gipfel steht
wenn ostwärts g'rad die Sonn' aufgeht
Das ist Naturerlebnis pur
und das gibt's halt im Sommer nur
Wer will Natur und Kunst verbinden
der sollt' zur Luisenburg hinfinden
um sich nach einer Wandertour
belohnen mit Festspielkultur
Marschiert man flott bei großer Hitz'n
und kommt naturgemäß ins Schwitz'n
ist's eine Wohltat sich dazwischen
in einem Bach kurz zu erfrischen
Am End' der Tour, so ganz am Schluss
wer kennt ihn nicht, den Hochgenuss
den uns beschert a Radler-Mass
so macht auch Sommer-Wandern Spaß
Drum kann das Wandern - möch' ich sagen
auch reizvoll sein an Hochdruck-Tagen
Als schönste Wanderzeit benannt
wird doch der Herbst - das ist bekannt
Die Fernsicht ist so wunderbar
Gewitter sind jetzt wirklich rar
Auf schönes Wetter ist Verlass
durch's Laub zu schlurfen - das macht Spaß
Wenn Nebelschleier das Tal bedecken
und drüber sich die Gipfel recken
Es gibt kein' Ärger mit den Mücken
wer Glück hat, der kann Pilze „pflücken"
Und in manchen deutschen Ecken
gibt's „Federweißen" zu entdecken
Aus dunklem Fichtenhintergrund
leuchten Laubbäume schön bunt
„Goldner Oktober" - „geschenkte Tage"
da ist was dran - gar keine Frage
die Sicht ist klar, der Blick geht weit
Drum bin zu sagen ich bereit:
Der Herbst ist beste Wanderzeit!
Es gibt auch Wanderfreude pur
wenn's Winter ist in Wald und Flur
An feste Wege nicht gebunden
wird querfeldein das Ziel gefunden
Wenn sich die Minusgrade mehren
kann man auch Seen überqueren
Wenn über' s Feld der Wind fegt kalt
Läuft man geschützt mitten im Wald
Wo manch tief verschneites Fichtlein
erscheint als Wintermärchenwichtlein
Kehrt unterwegs man wärmend ein
darfs Lebkuchen und Glühwein sein
Heizt ein Kachelofen gar das Zimmer
verlässt man es am liebsten nimmer
Beim Heimweg nach dem „Stärke-Trinken"
es knirscht der Schnee - die Sterne blinken
gesteht man: schöne Wanderzeit
ist auch im Winter wenn es schneit (hoffentlich)
Am End' komm' ich zu dem Entschluss:
Wandern ist stets ein Hochgenuss!
Horst Königsberger